Kanadischer Arbeitsalltag mit Glücks- und Schockmomenten
Hallo
an alle in der Ferne! Liebe Grüße aus einem etwas bewölkten und abgekühlten Vancouver.
Nachdem die letzte Woche eigentlich durchgehend sommerlich warm und sonnig war,
fordern nun die Waldbrände in der Gegend um Vancouver ihren Tribut. Die Stadt
liegt tief versunken in einer Art Nebel – der Smog soll hier aber laut
Einheimischen jedes Jahr zur Waldbrandsaison die Stadt heimsuchen. Nur leider
wird dadurch nicht nur die Sicht auf die umliegenden Berge schlechter, sondern
auch die Sonneinstrahlung etwas verringert, weshalb wir diese Woche eher wenig
draußen waren… aber da wir sowieso die ganze Woche unsere Nachtschichten
geschoben und die Tage überwiegend schlafend im Auto verbracht haben, macht uns
das komische Wetter momentan nicht so viel aus. Dafür können wir jeden Abend
auf dem Arbeitsweg einen schönen Blutmond betrachten 😊
Dennoch
fing unsere Woche mit einem kleinen Schockmoment an – wir sind mitten in der
Stadt auf einer vielbefahrenen Straße mit dem Auto liegen geblieben… zum Glück
war es unser eigener Fehler, wir hatten die Tankanzeige noch nicht so ganz
beachtet, weil die bei unserem sehr geliebten und sonst super laufenden Auto
etwas herumspinnt. So schoben wir das Auto in ein – glücklicherweise sehr nah
gelegenes – Parkhaus und füllten mit schnell von der Tanke geholtem Benzin
soweit auf, dass wir weiterfahren konnten. Dank der Aktion haben wir jetzt also
immer einen Kanister mit Benzin im Auto. Wieder was gelernt!
Nach
der kleinen Herzattacke konnten wir gestärkt und ohne Probleme mit dem Auto zu
unserem neuen „Zuhause“ fahren – der Capilano Mall in North Vancouver, wo es
einen Walmart (kanadischer Globus, aber fast 24/7 offen), Waschräume, ein
Fitnessstudio und einen großen Foud Court (richtige Fressmeile) gibt. Dort
konnten wir die Woche also tagsüber schlafen, essen, uns frisch machen (im
Fitnessstudio sogar bis Mitte der Woche duschen) und sogar mal einem
kanadischen Friseur einen Besuch abstatten, ratet mal wer es von uns beiden
nötig hatte :D (hier besteht ein Friseurbesuch übrigens genauso wie in
Deutschland aus 50% Haareschneiden und 50% Smalltalk…).
Im
Walmart gibt es übrigens wirklich alles – so konnten wir uns dort auch endlich eigene
Arbeitsschuhe besorgen, in denen wir uns zwar die ersten Tage ganz schön Blasen
gelaufen haben, die aber dafür nur halb so teuer waren wie alle anderen Paare
aus den Baumärkten hier.
Ab
Mittwoch durften wir dann nicht mehr im Fitnessstudio duschen – naja und da fehlender
Schlaf und fehlende Körperpflege dann doch etwas schlechte Laune und den ein
oder anderen kleinen Streit heraufbeschwören können, beschlossen wir, es mal
mit einem Schwimmbad zu versuchen…das hatte zwar leider entgegen den Infos im
Internet zu, aber wenigstens hatten wir einen Parkplatz direkt am False Creek,
von dem aus man am Mittwoch Abend wunderbar Teil 2 von 3 der Celebration of
Light (wen es interessiert, auf Youtube gibt es bestimmt Videos – es ist
wirklich bombastisch) an der Strandpromenade bestaunen konnte. Danach ging es
dann zur Arbeit…
Tja
und inzwischen ist es mit der Arbeit doch etwas leichter geworden…denn
allmählich gewöhnen wir uns nicht nur an den Zeitrhythmus, sondern uns werden
auch immer interessantere Aufgaben gegeben…das Saugen bleibt zwar ein
Hauptbestandteil, aber wenigstens haben Steve (Bauleiter) und Daisy
(Sicherheitsbeauftragte, einzige Frau auf der Baustelle, Putzfrau und größte
Boykottiererin in Einem – trotzdem furchtbar nett und lieb) inzwischen bemerkt,
dass wir auch mit Akkuschrauber und Presslufthammer umgehen können…also
schrauben, bohren, jackhammern, saugen und räumen wir weiter fleißig. Eine gute
Abwechslung bietet da zusätzlich noch der nächtliche Besuch bei McDonald’s (auch
24/7 offen), der für uns unverzichtbar geworden ist, da man es ohne Lunch Break
einfach nicht schafft, die Tonnen an Schutt und Müll rauszuschaffen, die jede
Nacht auf einen warten. Da ist das Workout dann überflüssig, ein Eimer wiegt
locker 100 Kilo…genau wollen wir es mal lieber nicht wissen.
Unsere nächtliche Hauptbeschäftigung Nummer 1.... |
...und Nummer 2 |
Ab Donnerstag ging es dann nach der Arbeit immer in ein Schwimmbad in West Vancouver, das glücklicherweise ganzjährig auch fast 24/7 geöffnet ist und neben freiem WLAN, einem kleinen Café und Steckdosen auch über die bitternötigen Duschen verfügt. Das alles gibt’s übrigens zum Preis von 4,90 CAD pro Tag (ca. 3,50 €) – Ein Hoch darauf, dass wir hier mit 18 noch als Kinder gelten :D
Freitag
gab es dann nach dem Tag-Schlaf eine kleine nächtliche Schwimmrunde im Bad mit anschließendem
Workout und als ob wir noch nicht fertig genug waren, ging es dann am Samstag nochmal
zum Arbeiten. Diesmal jedoch tagsüber und in einem Bürogebäude. Wir durften den
Zwillingen von unserer Baustelle im Lynn Valley beim Abriss der Räume helfen –
das bedeutete also eher Demolition als Construction…aber es hat Spaß gemacht
und nebenbei haben wir noch gut verdient – ist ja alles zusätzlich zu unserer
40-Stunden-Woche und somit Überstunden. Nach der Dusche im Schwimmbad ging es
zum großen Finale der Celebration of Light…natürlich kam als letztes Land
Kanada zum Zug und die Kanadier haben sich wieder mal nicht lumpen lassen…
Der Strand füllt sich allmählich |
Wenn
die beiden Feuerwerke davor grandios waren, dann war das überirdisch.
Eingeleitet wurde das Spektakel erst einmal von einer kleinen Flugshow, in der
eine Hornet aus dem zweiten Weltkrieg über den Strand fegte, Loopings und enge
Manöver flog und schließlich einen Parabelflug vollführte. Danach durfte auch
die Royal Canadian Air Force ran, die mit zwei Überschall-Kampfjets den Strand
mit Lärm füllte…um 10 ging es dann mit einem Feuerwerk vom Feinsten los – das
wäre mal was fürs Stadtteichfestival in Wittichenau 😊
Begleitet
wurde das Feuerwerk von fantastischer Musik, über die im Voraus auf Facebook
abgestimmt werden konnte (u.a. Filmmusik von Avatar und Summer of 69 von Bryan
Adams).
Dieses
Mal erlebten wir die Celebration of Light übrigens am Strand, vor dem direkt
der Tanker mit dem Feuerwerk lag. Das bedeuteter, dass quasi die ganze Stadt
dort anwesend war und wir inmitten von 10.000 Menschen, die dort am Strand
saßen, diesen Moment erleben durften…Nach dem Feuerwerk waren die Straßen voll
mit Menschen – wer einmal beim Weltjugendtag, bei Papstbesuchen oder auf dem
weg zum Fußballstadion war, der kann sich in etwa vorstellen, wie viele Menschen
da durch die Straßen ziehen – außer Köpfen hat man Hunderte Meter vor und
zurück nichts gesehen!!
2 1/2 Stunden vor Feuerwerksbeginn an der English Bay |
Die Mustang beim Flug |
Royal Canadian Air Force |
Sonntag
ging es am Nachmittag um dem Müßiggang zu entfliehen noch nach South Van zur
University of British Columbia – das Gelände ist riesengroß, da alle Fakultäten
an einem Ort sind. Es ist wie eine zweite Stadt, Cafés, Plätze und Parks säumen
die große Hauptstraße, an der sich die unterschiedlichen Fakultäten,
Bibliotheken und auch viele Museen befinden (u.a. eines, in dem man ein echtes
Blauwal-Skelett sehen kann. Sehr beeindruckend!). Etwas abseits liegt das
Museum of Anthropology, das leider schon geschlossen war als wir ankamen…aber
auch von außen konnte man einige Kajaks und Totempfähle der Ureinwohner bewundern,
die dort ausgestellt sind.
Canada Flag Plaza an der UBC |
Das nicht sehr schöne Uniklinikum der UBC |
Überall sieht man die kleinen Squirrels und die Totempfähle |
Das 25m lange Blauwalskelett |
Bibliothek der UBC |
Die
Schicht Sonntag Nacht lief eigentlich sehr ruhig – wir waren nur zu fünft und
haben die ein oder andere Pause mehr machen dürfen und konnten bereits etwas
eher ins Bett am Morgen. Heute ist hier übrigens Victoria Day, d.h. Feiertag,
der bereits gestern mit einer großen Gay-Parade gefeiert wurde…und überall
riecht es nach Mariuhana…
Arbeiten
geht es heute Abend trotzdem, aber es wird bestimmt genauso ruhig wie letzte
Nacht!
Die
nächste Meldung folgt dann am kommenden Wochenende – Donnerstagnacht werden wir
das letzte Mal arbeiten. Wir haben zwar das Angebot bekommen, für noch mehr
Geld ein oder zwei Wochen weiterzuarbeiten (wir scheinen unseren Job ganz gut
zu machen, die Baustelle ist übrigens noch bis November…), doch wir wollen
schließlich noch etwas sehen… Zuerst wird es am Wochenende erst einmal in die
umliegende Natur gehen (es gibt viele Provincial Parks um Vancouver) und Mitte
nächster Woche soll es dann erst Richtung Norden (Mountainbiking in Whistler,
Warterrafting etc.) gehen und dann auf Vancouver Island, die Insel, die direkt
vor der Stadt liegt und auf der sich u.a. auch die Hauptstadt von BC – Victoria
– befindet. Wie die Reisevorbereitungen für den beginnenden Roadtrip laufen und
was so alles geplant ist, erfahrt ihr im nächsten Eintrag!
Cheers!
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