Von kanadischen und deutschen Autoverkäufern, dem Alltag auf dem Bau und einem krönenden Wochenabsch(l)uss!
Hallo
an alle in der Heimat! Wir wissen, ihr wartet bestimmt alle schon sehnlichst
darauf, zu hören, ob es uns noch gibt und ob es uns gutgeht. Natürlich gibt es
uns noch und momentan könnte es uns nicht besser gehen…denn im letzten Eintrag
hatten wir euch ja bereits eröffnet, dass wir Ende der Woche bereits etwas
wegen des Autos geklärt haben könnten…
Nachtrag von unserer Fahrradtour von Sonntag durch den Stanley Park |
Chinatown of Vancouver |
Skyline von Vancouver Downtown |
Totem Poles im Stanley Park |
Denn
am Montag hatten wir unsere erste Auto-Besichtigung – von der wir uns nur nicht
so viel erhofften, da wir einige Mitbewerber hatten, die ebenfalls an dem Auto
interessiert waren. Trotzdem bekamen wir den Ersttermin der Besichtigung und
ließen uns einfach überraschen. Eine alternative Besichtigung wäre für uns anderthalb
Wochen später gewesen, doch am Ende der ersten Besichtigung wussten wir schon,
dass wir diese nicht brauchen würden…
Der
Dodge Caravan 2003, den wir am Montag ansahen, gehörte einem Paar aus
Norddeutschland, die sich nach über einjähriger Fahrt unter anderem von der Grenze
Mexikos bis nach Alaska von ihrem Auto verabschieden mussten, da es für sie
zurück in die Heimat ging. Das Auto hat also schon einiges mitgemacht, über
260000 Kilometer zurückgelegt und auch schon einige Reparaturen hinter sich. Doch
schon beim Ansehen sahen wir, dass alles in top Zustand war, ein paar
Rostspuren an den Türen und ein paar kleinere Lackschäden waren die einzige
Gebrauchsspuren.
Die
Batterie wäre wohl etwas schlecht, aber es soll ja auch kein Elektro-Auto sein
:D Und so entschieden wir uns nach kurzer Bedenkzeit und einer kleinen
Probefahrt, bei der wir bereits die Vorzüge eines Automatik-Autos genossen
(hier fährt so gut wie jeder Automatik…) und erstmals die Straßen in einer
nordamerikanischen Millionenstadt verunsichern durften, den verlangten Preis zu
zahlen und erleichterten die Vorbesitzer (Anke und Marcel) um die nächsten
Besichtigungen.
Anfangs
konnten wir es gar nicht glauben – wir hatten uns mitten in einer Megacity auf
einem kleinen Parkplatz getroffen und eigentlich gar nicht viel erwartet – doch
plötzlich war schon der Kaufvertrag unterschrieben, die Anzahlung überwiesen
und der Übergabetermin mit Gang zur Versicherung auf Freitag festgelegt
worden…wir hatten unser allererstes Auto
gekauft. In Vancouver. In Kanada. Über 8000 km von Zuhause entfernt…da
fühlt man sich erstmal echt seltsam.
Unser neues Auto!!! |
So
einfach das alles war, ein paar Zweifel blieben natürlich, denn ob das Auto
schlussendlich wirklich unsere Strecke noch einmal mitmachen würde und danach
auch noch wieder zu verkaufen wäre, das konnte uns natürlich niemand versichern. Doch die überaus netten und sehr ordentlichen Vorbesitzer, die das Auto so
gut gepflegt hatten, die vielen Vorzüge des Autos, z.B. eine komplette
Campingausstattung inkl. Geschirr, Kocher, einigen Lebensmitteln,
Campingstühlen usw. und ein hinten eingebautes Bett mit Decken, Kissen und einer
wunderbar weichen Matratze, unter dem immer noch genug Stauraum für Klamotten,
Schuhe, Wasser, und zwei Braunbären (vielleicht fangen wir ja welche zum
Abendbrot) vorhanden ist, sowie die Aussicht darauf, bereits am Freitag unserem
überteuerten und unkomfortablen Hostel den Rücken zu kehren, überzeugten uns
immer mehr von dieser doch eher ungewohnten Situation… Wir freuten uns einfach
darauf, endlich einmal die Sachen aus dem Rucksack zu nehmen, der bis dahin
eingeklemmt in einen kleinen Spint im Hostel vergammelte, selbst für das
Frühstück sorgen zu können, und nicht jeden Tag überlegen zu müssen, wo wir
nächste Nacht schlafen können, denn in unserem Caravan, der verdunkelte
Scheiben hat und hinten noch komplett mit Decken abgedeckt werden kann, sodass
man seine Ruhe hat, können wir nun quasi überall schlafen, wo wir auch parken
können – am Strand, in der Stadt, auf dem Campingplatz oder auf einem
Supermarktparkplatz (Walmart, eine große Supermarktkette hier in Nordamerika,
hat sogar Waschräume und ordentliche Toiletten, die 24/7 (wie fast alles hier
in Canada) geöffnet sind); Duschen kann man meist in den Strandduschen oder
billig auf Campingplätzen, die es auch hier rund um die Stadt in Hülle und
Fülle gibt!
Doch
erst einmal mussten wir noch 4 Nächte im Hostel verbringen, was nicht nur dem
Portemonnaie etwas weh tat, denn zwei Nächte verbrachten wir in
unterschiedlichen Zimmern, zweimal mussten wir innerhalb dieser 5 Tage das
Zimmer wechseln…die Logistik klappt hier leider absolut gar nicht so wie in
Deutschland, auch wenn es vielleicht der Tatsache geschuldet ist, dass hier
momentan Hochsaison ist – oder dass die Frau an der Rezeption eher damit
beschäftigt ist, Mangas an ihrem Rechner zu malen, anstatt Betten umzutauschen…
Zumindest das Geldproblem sollte sich bereits am nächsten Tag (Dienstag)
erledigen, da wir da unser Jobinterview bei Pristine Labour hatten (ihr
erinnert euch vielleicht, dass wir uns beide bei dieser Baufirma um Arbeit
beworben hatten). Pünktlich um 10 standen wir also in mehr oder weniger
ordentlichen Sachen (was man so als Backpacker bei einem Interview mit einer
Baufirma so anzieht – halbwegs saubere Jeans, ausgelatschte Sportschuhe,
dunkles T-Shirt, wo man die Flecken vom Frühstück nur erahnen kann). Doch hier
läuft ein Jobinterview irgendwie anders als in Deutschland, denn während wir Angst
hatten, nicht genommen zu werden, wenn wir in dem Vorstellungsgespräch keine
gute Figur machen, stand für die Kanadier anscheinend schon fest, dass wir
genommen werden, denn sonst würde man hier gar nicht erst zum Gespräch
eingeladen werden. Das heißt, wir hatten den Job von Anfang an sicher – bei dem
Gespräch gab es lediglich Erklärungen und Videos zu den Sicherheitsbestimmungen
auf dem Bau, die dann nachgewiesen werden mussten – in einem Test, wo
wortwörtlich eine Frage lautete: „Wo befindet sich beim Schneiden mit dem
Cuttermesser die Hand, mit der man nicht schneidet?
A) Genau dort, wo man langschneiden möchte, sodass man sich
in die Hand schneidet.
B) Nicht in der
Schnittlinie.“
Nachdem
wir dieses überaus anspruchsvolle Quiz, bei dem garantiert viele der Bewerber
nochmals versagen, gemeistert hatten, alle Unterlagen von uns und einem dritten
Teilnehmer der Runde kopiert waren, die Erklärungen zum Kauf des PPE (Personal
Protection Equipment, dazu gehören Stahlkappenschuhe, Warnweste, Bauhelm und lange
Hose; Brille, Mundschutz, Ohrschutz und Handschuhe stellt die Firma) erledigt
waren, gab es ein lockeres Gespräch – natürlich nicht zu Themen, die die Arbeit
betreffen, sondern (gut für uns) zu tollen Reisezielen in Kanada,
Mountainbiking in Whistler, Autofahren in Kanada, Verwandtschaftsverhältnissen
(in Kanada hat eigentlich jeder irgendeinen Bekannten oder Verwandten in
Deutschland)…einfach der typische Smalltalk, den die Kanadier lieben und der
von einem „Hey Guys, how are you?“ - „Fine, what about you“ – „Me too“ – „Ok. Bye“
auf der Straße bis eben mal zu einem anderthalbstündigen „Einstellungsgespräch“
bei einer Baufirma reichen kann…doch es kommt noch besser.
Nachdem
wir also wieder aus dem Office raus waren, etwas zum Mittag gegessen hatten und
Bauhelm und Weste für die Arbeit gekauft hatten, wollten wir uns in einem
Audi-Autohaus, das auf dem Weg lag, ein paar Nobelautos anschauen – einfach so
zu Spaß, weil die halt richtig klasse sind und jeder Mann auf einen Audi R8 mit
610 PS und Motor im Kofferraum steht, bei dem man schon vom ersten Anschauen an
nur vom Kauf träumt – bis man den Preis sieht…
Glücklicherweise
waren die Autos alarmgesichert, dadurch konnten wir es also nicht klauen, aber der
laute Ton beim Öffnen der Tür sorgte zumindest dafür, dass ein überaus netter
Audi-Verkäufer lachend auf uns zukam und ins in ein einstündiges Gespräch über
Autos, seinen Job, Deutschland, wieder Mountainbiking in Whistler usw.
verwickelte. So saßen wir also mit Bauhelm und Warnweste am Rucksack neben einem
Mann im teuren Anzug mit noch teurerer Uhr, der uns eine Flasche Wasser
spendierte und seine Hilfe anbot, sollten wir uns jemals einen Audi kaufen
wollen - oder können. Ohne jetzt hier Schleichwerbung machen zu wollen, aber
die Leute im Ferrari-Autohaus waren nicht so nett :D
Doch
als ob der Tag nicht schon perfekt war, bekamen wir am Nachmittag bereits einen
Anruf von Pristine Labour, in dem uns mitgeteilt wurde, dass wir einen Auftrag
oder Job auf einer Baustelle hätten; die Sache mit Pristine ist nämlich, dass
man als Arbeiter dort seine Anwesenheit angibt, dann wird geschaut, ob auf
einer Baustelle Hilfe benötigt wird und dann kann man dort eingeteilt werden.
Oder man hat kein Glück und muss erst einmal zwei Wochen warten. Doch wir
schienen sehr viel Glück zu haben…einziger Haken an dem Job: es wäre
Nachtarbeit…
Wir
überlegten natürlich nicht lang und nahmen den Job sofort an, kauften eine Hose
und liehen uns Schuhe von Pristine aus – denn die Arbeit sollte bereits an
diesem Abend anfangen.
Und
so durften wir mit Manny – Chef von Pristine – der uns nach Nord Vancouver
brachte, zur Baustelle fahren, einer Shopping-Mall, die innen komplett
abgerissen und wieder neu aufgebaut wird, während tagsüber alle Läden offen
sind. Das bedeutet, dass unsere Arbeit (die Schicht geht von abends um 11 bis
früh um 7, von Sonntag bis Donnerstag) darin besteht, bis um 3 Uhr Trockenbauwände
einzureißen, Fliesen mit dem Bohrhammer zu entfernen oder Schutt wegzuschaffen
und ab um 3 bis um 7 die ganze Halle zu saugen und zu fegen, Teppiche
auszurollen, Löcher abzusperren und Kanten abzukleben, damit um 7 Uhr die ersten
Leute wieder einkaufen können – merkt ihr? Da ist sie wieder, die kanadische Logistik,
oder Logik?!
Die
Arbeit ist anstrengend, dreckig, ermüdend und ab um 3 todlangweilig. Aber die
Leute sind nett, man hält Smalltalk wo man kann (allgegenwärtig ist das
Mountainbiking in Whistler) und das Geld stimmt, da wir fast das Doppelte des
Mindestlohnes hier verdienen, was der Nachtarbeit geschuldet ist. Da wir
allerdings tagsüber dann eigentlich nur schlafen und kaum etwas sehen von der
Stadt wollen wir möglichst nur knapp drei Wochen hier arbeiten. Dann dürfte das
Geld für den Roadtrip reichen und wir können nochmal nach Vancouver Island und
Whistler. So verbachten wir also die letzten Tage auf dem Bau oder im Bett und versuchten,
uns an den neuen Rhythmus zu gewöhnen.
Freitag
und Samstag haben wir frei, so konnten wir am Freitag bequem aus dem Hostel
auschecken, noch Wäsche waschen und dann zur Autoübergabe gehen. Wir trafen uns
gleich mit Marcel bei einer Versicherung, er kündigte seine, wir bezahlten
unsere Neue, bekamen direkt unsere Kennzeichen ausgehändigt und wurden als neue
Fahrzeughalter eingetragen. Ab da stand unserem Traum vom ersten Auto nichts
mehr im Weg, das restliche Geld wurde überwiesen, die Kennzeichen gewechselt
und es konnte losgehen. Wir sind sehr glücklich, dass uns Anke und Marcel das
Auto verkauft haben – lieben Dank nochmal!
Zuerst
ging es also zum Hostel, die restlichen Sachen holen, dann in den Stanley Park
zum Umpacken. Ein bisschen Zeit verloren wir, da das zum Auto gehörende
Bärenspray sich irgendwie selbstständig machte – leider aber auf uns. Sagen wir
es so – wir sind froh, keine Bären zu sein. Das Zeug brennt wie Feuer und auch
nach einer Stunde kühlen und abwaschen ist es immer noch unerträglich, es fühlt
sich auf der Haut an wie höchstgradiger Sonnenbrand, der aktiv mit einer
Mischung aus Chili-Sauce, Tabasco und Juckpulver behandelt wird.
Mit Eric im Queen Elizabeth Park |
Selbst
in der ersten Nacht im Auto juckte und brannte es noch am ganzen Körper – doch
trotzdem war das Erlebnis, das erste Mal gemeinsam hier am Strand zu kochen und
dann im Campervan zu schlafen unglaublich toll! Am Samstag ging es dann gegen
Mittag nach einem ordentlichen Frühstück (😉) zum Queen Elizabeth Park (Staatsoberhaupt
in Kanada, auf jeder Münze eingeprägt und auf jedem Geldschein zu sehen ist hier immer noch die Englische
Queen - zum Glück herrscht hier aber Rechtsverkehr), wo wir uns mit Eric trafen und das Bloedel Conservatorium mit vielen
exotischen Pflanzen und Vögeln ansahen bzw. die wunderbare Aussicht auf
Downtown genossen…
Aufwachen am Spanish Banks Beach |
Am
Abend veranstalteten wir unseren ersten Barbecue-Abend am Strand, es war alles wie in einem Traum, so wie wir uns das von hier erhofft hatten und damit nicht genug – die halbe
Stadt war unterwegs und bevölkerte Strände und Promenaden, nicht nur, um den
wunderschönen Sonnenuntergang hinter Vancouver Island zu betrachten, sondern
auch um das GRÖSSTE HIGHLIGHT des Jahres zu bewundern – Teil 1 von 3 einer
riesigen Firework-Competition, in der drei Nationen jeden Sommer ihr
pyrotechnisches Können von einem Tanker aus in der Bucht vor der Downtown
Vancouvers unter Beweis stellen…und auch wenn wir es anfangs seltsam fanden,
dass die Polizei Stunden vorher schon Straßen und Strände absperrte, danach
verstanden wir, warum. Denn es war wie eine Art Volksfest, Zehntausende waren
am Strand, Hunderte Boote lagen vor dem Tanker vor Anker, selbst unser
abgelegener Strand etwas entfernt von Downtown füllte sich mit so vielen
Leuten, dass kaum noch Platz war…
Sonnenuntergang am Point Grey |
Und
das Feuerwerk war – unbeschreiblich. So einen epischen Moment, wie den, als das
Geknalle nach einer halben Stunde sein Finale fand, kann man nicht mit Fotos
oder Worten festhalten. So etwas haben wir noch nie gesehen – es war
bombastisch und der Moment war fantastisch!
Am
Mittwoch und am nächsten Samstag folgt noch einmal je eine Präsentation – mal
sehen ob die auch so gut werden. Das, und wie es mit der Arbeit so läuft, ob
das Auto noch fährt und was wir sonst so erleben, erfahrt ihr dann spätestens
nächstes Wochenende!
Der krönende Wochenabsch(l)uss |
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